Liturgie - Der Zweite Blick
Josef blickt ängstlich zurück. Keine Zeit zur Rast. Maria muss das Kind im Reiten stillen. Die Bedrohung für das neugeborene Kind ist existenziell: Der jüdische König Herodes sieht in jedem kleinen Jungen eine Gefahr für seine politische Herrschaft.
Bibelwort: Matthäus 2,13-15.19-23 (Evangelium vom Fest der Heiligen Familie)
AUSGELEGT!
Es sollte sich erfüllen, was durch die Propheten gesagt worden ist.
Hier wird nicht nur eine Geschichte von Träumen und Bewahrung erzählt; hier wird Geschichte erzählt. Matthäus legt größten Wert darauf, dass die Jahrhunderte der Verheißung nun zu ihrer Erfüllung kommen. Was durch Propheten gesagt worden ist, erfüllt sich in der Geburt Jesu. Was vorhergesagt war, trifft ein. Nicht nach ein paar Monaten, wie man vielleicht gehofft hatte zu Zeiten der Propheten Jesaja und Micha, nein, erst nach Jahrhunderten. Gott hat einen sehr langen Atem, könnte man sagen. An dieser Geschichte aus Verheißung und Erfüllung zeigt sich das.
Leider, kann man auch sagen. Oft erwarten wir Gott gleich oder bald. Oft sehnen oder flehen wir ihn herbei für etwas, was wir gerade nicht tragen können oder was unsere Liebsten nicht tragen können. Und dann erkennen wir nichts von Gott. Mag sein, dass wir nicht gut genug hinsehen; mag aber auch sein, dass Gott sich einfach seine Zeit lässt, warum auch immer. Wir ergründen Gott nicht. Aber etwas haben wir, woran wir einen Wink Gottes vielleicht erkennen können: den Traum. Sei es einer in der Nacht oder einer mit offenen Augen am Tag. An uns darf es nicht liegen, Gott zu übersehen. Schauen wir genau, sehr genau; und hören wir genau. Womöglich kleidet sich, wie bei Josef, Gott in den einen oder anderen Wink. Und wir erkennen und werden dankbar.
Michael Becker
Quelle: Bergmoser + Höller Verlag AG
Foto: Friedbert Simon; In Pfarrbriefservice.de
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