Aktuell - Adventszeit - Wartezeit
Über den Advent und das Warten
Warten muss klar begrenzt sein. Wie bei der Ampel auf dem Foto: 17 Sekunden bis zur Grünphase für die Fußgänger. Auf die Sekunde genau wird ausgesagt, wie lange die Wartezeit dauert. Und auch bei Ampeln, die mir diese Information nicht geben, kann ich darauf vertrauen, dass ich auf die Grünphase nicht zu lange warten muss. Zu warten, ohne zu wissen, dass mein Warten ein überschaubares Ende hat, wird in der Regel als unerträglich empfunden.
Ähnlich ist es im Advent. Ein Adventskalender hat 24 Türchen. Advent zu beginnen, ohne genau zu wissen, nach wie vielen Tagen – in diesem Jahr sind es 26 – Weihnachten ist: nicht vorstellbar. Der Wert des Advents liegt auch darin, dass er ein Ende hat und dass er mit dem großen Fest gekrönt wird.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn wir leben als Christen immer auch in einem anderen Advent. Die Lesungstexte der Sonntage sprechen zum Teil davon: Wir leben in der Erwartung der Wiederkunft des Herrn. Oder sollen es zumindest. Denn vielen – auch gläubigen – Menschen fällt es schwer. Zunächst weil dieses Warten kein klar definiertes Ende hat. Niemand weiß den Tag noch die Stunde außer Gott. Die Naherwartung der ersten Christen hatte sich nicht erfüllt – und dann verschwand die Erwartung auf die Wiederkunft immer mehr. Und änderte sich. Aus der freudigen Erwartung auf die Erlösung wurde mehr und mehr ein banges Warten auf das Gericht. Leider.
Ich möchte einladen zu einem Advent, in dem wir wieder auf die Wiederkunft Jesu vertrauen und sie erwarten als ein Fest. Dann ist es auch nicht so wichtig, dass wir nicht einmal erahnen können, wann es so weit ist.
QWuelle: Bergmoser + Höller Verlag AG
Foto. Peter Kane