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Nordhausen

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Tischgenossin Gottes

Bild: travis.nobles (CC BY-NC) In: Pfarrbriefservice.de

Der Theologe Theodor Schnitzler bezeichnete sie als „Deutschlands größte Frau“, und Papst Benedikt XVI. erhob sie in den Rang einer „Kirchenlehrerin“. Die Rede ist von Hildegard von Bingen, die um 1098 geboren wurde. Mit acht Jahren wurde sie ins Kloster gegeben, mit 14 Jahren in strenger Klausur im Kloster Disibodenberg eingeschlossen.

Hildegard von Bingen war eine Universalgelehrte ihrer Zeit. Sie schrieb nicht nur theologische Bücher, sondern auch medizinische und naturkundliche Abhandlungen und komponierte über siebzig Lieder. Sie korrespondierte mit den Päpsten ihrer Zeit und mit Geistesgrößen wie Bernhard von Clairvaux und war Ratgeberin von Kaiser Barbarossa, dem sie deutliche Worte ins Stammbuch schrieb, als er immer wieder Gegenpäpste ins Amt hob. Sie predigte öffentlich und scheute sich dabei nicht, Missstände im Klerus klar beim Namen zu nennen. Kein Wunder, dass schon Zeitgenossen sie ehrfurchtsvoll als „Tischgenossin Gottes“ bezeichneten. Ihre Bedeutung zu Lebzeiten kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Und welche Bedeutung hat sie heute? Die ganzheitliche Medizin und die feministische Theologie haben sich ihrer angenommen, doch darüber hinaus? Drei Punkte sind wichtig, die mit ihren drei theologischen Hauptwerken korrespondieren, in denen sie seit 1141 ihre Visionen festhielt:

„Liber Scivias Domini, Wisse die Wege Gottes“;
„Liber Vitae Meritorum, Buch des verdienstlichen Lebens“ und
„Liber divinorum operum, Buch der göttlichen Werke“.

Obwohl, erstens, Hildegard den menschlichen Verstand überaus hoch schätzte („Dein Schöpfer hat dir den besten Schatz gegeben, einen lebendigen Schatz, deinen Verstand“), wusste sie zugleich um die Grenzen menschlichen Verstehens in der Gotteserkenntnis.
Zweitens: Das Grundübel ihrer Zeit sah sie darin, dass die Menschen immer nur „Ich und Ich“ sagten und sich selbst zum Maß aller Dinge machten, „als ob er sein eigener Gott sei“. Die menschliche Selbstüberschätzung war nicht nur ein Grundübel in Hildegards Zeit, sondern ist es auch heute.
Und drittens: Die Schöpfung hat bei Hildegard einen hohen Stellenwert. In ihr sind die Geheimnisse des Geistes Gottes erfahrbar. Und diese Schöpfung ist dem Menschen anvertraut. Er kann sie veredeln, aber auch ruinieren: „Immer haben wir den Geschmack des Paradiesapfels im Munde.“

Hildegard von Bingen, die 1147/48 ihr eigenes Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen gründete, starb 1179 im Alter von 81 Jahren.


Quelle: Bergmoser + Höller Verlag AG
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Foto: Bild: travis.nobles (CC BY-NC) In: Pfarrbriefservice.de

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